Joker Abbey trifft traumhaft nach zwei Minuten - Kickers gewinnt 2:1 beim HSV II
20-Jähriger erzielte kurz nach seiner Einwechslung den entscheidenden Treffer / Emder lagen durch Podolski-Eigentor früh zurück
Knapp zwei Minuten. Mehr Zeit brauchte Said Abbey nicht, um nach seiner Einwechslung zum Matchwinner zu werden. Der Offensivmann von Kickers Emden schloss einen Sololauf über das halbe Feld in der 80. Minute traumhaft ab und traf zum entscheidenden 2:1 beim Hamburger SV II. „Es ist schwer zu beschreiben, was gerade in mir vorgeht“, sagte der 20-Jährige nach dem Abpfiff. „Es ist ein super Gefühl.“
Herausragend war auch die Entstehung des ersten Regionalliga-Tores von Abbey. „Ich habe auf diesen einen Pass spekuliert - und ein bisschen Glück gehabt.“ Die Hamburger befanden sich im Spielaufbau, als der schnelle Kickers-Joker erahnte, was passieren würde: So stibitzte Abbey einem HSV-Abwehrspieler die Kugel kurz hinter der Mittellinie - und war auf und davon. An der Strafraumgrenze tanzte Abbey einen weiteren Hamburger aus, ehe er auch HSV-Keeper Hannes Hermann keine Chance ließ.
Die Emder feierten den Auswärtssieg mit den mitgereisten Fans. Foto: Jens Doden
Anschließend drehte der 20-Jährige in Richtung Gästeblock ab und ließ sich von Fans und Mitspielern feiern. Groß war die Freude über das späte Jokertor auch bei Trainer Stefan Emmerling. „Der Treffer war erste Sahne. Es freut mich sehr für Said, dass er heute ein Erfolgserlebnis feiern konnte“, so Emmerling. „Wir haben ihm immer wieder gesagt, dass er geduldig bleiben und den Kopf nicht hängen lassen soll, wenn er nicht von Beginn an spielt.“ Die Einwechslung am Samstag war für Abbey erst die dritte in dieser Spielzeit. „Auf diesen Moment habe ich lange gewartet, jetzt bin ich einfach nur glücklich.“
Nach ausgiebigem Jubel über den dritten Auswärtssieg im vierten Spiel hatte es zu Beginn der Begegnung ganz und gar nicht ausgesehen. Die Emder mussten bei sommerlichen Temperaturen einen frühen Schock verdauen, denn Luis Podolski brachte den HSV mit einem Eigentor schon nach fünf Minuten in Führung. Nach einer scharfen Hereingabe von der linken Seite wollte Podolski klären und traf den Ball so unglücklich, dass er im eigenen Kasten landete. „Ich muss dahin, sonst ist der Stürmer hinter mir da - dann sieht es noch beschissener aus“, sagte „Poldi“. Der 20-Jährige konnte nach dem erfolgreichen Ende der Partie schon über seinen Fauxpas lächeln. „Beim nächsten Mal versuche ich den Ball einfach zur Eckfahne zu klären.“
Torhüter Marcel Bergmann baut Luis Podolski nach dessen Eigentor auf. Foto: Jens Doden
Der frühe Rückstand zeigte Wirkung bei den Ostfriesen. „Bei uns hat die Körpersprache gefehlt, wir waren nicht griffig genug“, fand Podolski. „Der HSV hat uns in den ersten 20 Minuten wirklich Kopfschmerzen bereitet“, sagte auch Emmerling. „Danach haben wir besser ins Spiel gefunden.“ Viele Kickers-Chancen bekamen die mitgereisten Fans jedoch nicht zu sehen. Die größte Gelegenheit vergab Niklas von Aschwege, dessen Kopfball nach einer Flanke von David Schiller knapp am HSV-Tor vorbeiflog (40.). Deutlich gefährlicher präsentierte sich der Nachwuchs der Rothosen - doch Torhüter Marcel Bergmann parierte zwei Freistöße (15./35.) sowie einen gefährlichen Abschluss im Strafraum (23.) sicher.
Emmerling reagierte zur Pause und wechselte mit Kai Kaissis und Niklas von Aschwege die beiden Emder aus, die bereits Gelb gesehen hatten. „Wir wollten kein Risiko eingehen, in diesem Glutofen auch noch in Unterzahl spielen zu müssen“, erklärte der Coach. Sein Team kam mit viel Schwung aus der Kabine - oder, wie Emmerling sagte: „In der zweiten Halbzeit ging die Post ab.“
Pascal Steinwender jubelt nach seinem Tor zum 1:1. Foto: Jens Doden
Keine 60 Sekunden waren gespielt, als Mika Eickhoff per Direktschuss nur die Latte traf (46.). Auch am verdienten Ausgleich war der Mittelfeldspieler beteiligt: Nach Eickhoffs Traumpass in die Schnittstelle spitzelte Pascal Steinwender die Kugel vorbei an HSV-Keeper Hermann zum 1:1 über die Linie (53.). Kurz darauf verpasste Tido Steffens die Führung, als er aus 13 Metern über den Kasten zielte (57.). Und Luis Podolski hatte Pech, dass Steinwender den Ball nach seinem Schuss noch berührt hatte - der Treffer zählte wegen einer Abseitsstellung nicht (58.).
Der HSV-Nachwuchs war auch nach dem Seitenwechsel nicht chancenlos, zielte aber entweder am Gehäuse vorbei oder scheiterte am gut aufgelegten Marcel Bergmann. So klärte der Kickers-Keeper in der 87. Minute zweimal in höchster Not. Da führten die Ostfriesen durch das sehenswerte Solo von Said Abbey bereits mit 2:1 (80.).
Riesenfreude herrschte nach dem Abpfiff bei Pascal Steinwender (von links), Torwarttrainer Christian Meyer und Coach Stefan Emmerling. Foto: Jens Doden
Dass es bei diesem Ergebnis blieb, lag auch an den Emdern selbst: Michael Igwe traf in der Nachspielzeit die Latte (90.+4). Zum Abschluss der unterhaltsamen Partie sahen die 400 Zuschauer im Stadion Hoheluft dann noch Emder Slapstick im Hamburger Strafraum: Tido Steffens, Joshua Dudock und Igwe vergaben innerhalb weniger Sekunden beste Möglichkeiten - der überragende HSV-Torhüter Hannes Hermann war dreimal zur Stelle (90.+5).
Wenig später war der Abpfiff zu hören - und der Kickers-Jubel groß. „Wir sind sehr, sehr froh, dass wir das Spiel noch drehen und die englische Woche mit einem Sieg abschließen konnten“, sagte Trainer Stefan Emmerling. Glücklich war auch „Pechvogel“ Luis Podolski. „Dass wir nach meinem Eigentor noch so zurückgekommen sind und die drei Punkte geholt haben, ist fantastisch.“