Herbst-Comeback nach 97 Tagen: „Das war die pure Freude“
Kickers-Innenverteidiger hatte lange mit Schambeinentzündung zu kämpfen / Emden reist am Freitag zum Topspiel nach Drochtersen
97 Tage. So lange musste sich Fabian Herbst gedulden. Bis zum vergangenen Freitag. Da stand der Innenverteidiger von Kickers Emden erstmals wieder auf dem Rasen. Herbst wurde beim 4:0 gegen Weiche Flensburg in der 84. Minute eingewechselt. „Ich hatte in der Halbzeit schon ein bisschen darauf gehofft“, sagt der 24-Jährige. Da führte Kickers mit 2:0 - und Herbst spekulierte auf seine ersten Spielminuten seit dem 13. Dezember 2024. Nach dem 4:0 durch Tobias Steffen in der 58. Minute wurde das Herbst-Comeback immer realistischer. In der Schlussphase folgte dann das entscheidende Zeichen von der Trainerbank. „Das war für mich die pure Freude“, so Herbst. „Als ich zur Bank gelaufen bin, gab es schon positiven Zuspruch von der Tribüne - und die Jungs haben sich auch alle sehr für mich gefreut.“
Unter großem Applaus der Zuschauer im Ostfriesland-Stadion und ein paar netten Worten von Stadionsprecher Gerd Krauledat betrat Herbst schließlich den Rasen - zum ersten Mal seit Mitte Dezember. „Das war einfach ein schönes Gefühl“, sagt der 24-Jährige, der sich lange mit einer hartnäckigen Schambeinentzündung herumgeplagt hatte.

Fabian Herbst war bis zu seiner Verletzung in der Emder Innenverteidigung gesetzt. Foto: Jens Doden
Die Erleichterung über sein Comeback ist Herbst deutlich anzumerken - denn seine Leidenszeit hatte schon während der Hinrunde begonnen. „Ende Oktober hatte ich erstmals damit zu tun“, sagt er. Herbst biss auf die Zähne und spielte weiter - auch deshalb, weil er während der 90 Minuten kaum Schmerzen spürte. „Die Beschwerden sind meist erst in den Tagen danach aufgetaucht.“ Eine kleine Zusatz-Motivation war auch der Emder Spielplan. „In der Phase hatten wir die Highlight-Spiele gegen Osnabrück, Meppen und Oldenburg - die wollte ich natürlich nicht verpassen.“
Sein Ziel, bis zur Winterpause durchzuhalten, erreichte der unumstrittene Stammspieler. In der letzten Partie gegen Teutonia Ottensen saß Emdens Nummer 4 aber erstmals auf der Bank, wurde für die letzten 20 Minuten eingewechselt. „In der Winterpause wurde es leider nicht besser“, so Herbst. Eine Untersuchung beim Arzt brachte schließlich bittere Gewissheit: Schambeinentzündung, Ausfallzeit offen. „Das war schon sehr niederschmetternd.“

„Die Highlight-Spiele gegen Osnabrück, Meppen und Oldenburg wollte ich nicht verpassen“, sagt der 24-Jährige. Foto: Jens Doden
Während der Winter-Vorbereitung blieb dem 24-Jährigen nur die Zuschauerrolle - an Einsätze in Testspielen war nicht zu denken. Doch Fabian Herbst tat das, was ihn auch auf dem Platz auszeichnet: kämpfen. Beim Auswärtsspiel bei Holstein Kiel II schaffte er es in den Kader, einige Tage danach feierte er sein Kurz-Comeback. „Topfit bin ich noch lange nicht“, sagt er. „Zwischendurch spüre ich immer noch etwas.“ Der Innenverteidiger befindet sich quasi in der „Wiedereingliederung“. „Ich bin im engen Austausch mit dem Doc und unseren Physiotherapeuten“, so Herbst. „Das ist ein weiter Weg, den ich Stück für Stück gehen muss.“
Der nächste Schritt auf diesem Weg ist für ihn die Kader-Nominierung für ein Topspiel, das am Freitagabend ansteht: Kickers reist als Tabellendritter zur SV Drochtersen/Assel, dem aktuellen Zweiten (19.30 Uhr). „Ich habe gegen Drochtersen noch nie gewonnen“, sagt Herbst. „Der Verein hat seinen ganz eigenen Charakter. Es hat ein bisschen was von einem gallischen Dorf. Da will man nicht gerne hin - und ich glaube, genau das ist ihre Stärke.“

Herbst blieb in der Vorbereitung nur die Zuschauerrolle. Foto: Jens Doden
Die eingeschworene Gemeinschaft aus dem Landkreis Stade überzeugt in dieser Spielzeit - vor allem mit Defensivstärke. In 26 Spielen kassierte „D/A“ nur 21 Gegentore - mit Abstand der beste Wert in der Regionalliga Nord. Drochtersen erzielte zwar „nur“ 30 Treffer, holte aber schon 47 Zähler - und damit zwei mehr als Kickers in 27 Partien. „Sie verteidigen einfach super und haben trotzdem auch offensiv ihre Qualitäten.“ Genau das bewies der Tabellenzweite auch im Hinspiel, das die Emder trotz der besseren Chancen mit 0:1 verloren.
Moritz Göttel, der Torschütze von damals, spielt inzwischen für den VfB Lübeck - und Kickers reist nach zwei Siegen in Serie mit viel Selbstvertrauen und durchaus überzeugenden Statistiken an: drittbeste Offensive, fünftstärkste Abwehr. Der Begriff „Topspiel“ könnte also kaum passender sein. „Entscheidend wird sein, dass wir es defensiv gut machen und vorne unsere Chancen effektiv nutzen“, meint Herbst. Für ihn steht fest: „Viele werden wir dort nicht bekommen.“ Mit einem Sieg könnten die Ostfriesen den direkten Konkurrenten zumindest vorübergehend überholen und auf Platz zwei springen. „Wir haben die Top 5 als unser Ziel ausgegeben, da sind wir auf einem guten Weg.“

Nach dem Topspiel in Drochtersen will Herbst wieder mit seinen Teamkollegen jubeln. Foto: Jens Doden
Für Kickers Emden endet die Regionalliga-Saison in 52 Tagen. Bis dahin will Fabian Herbst noch möglichst viele Spielminuten sammeln. „Wenn es vielleicht noch mit einem Startelf-Einsatz klappen würde, wäre das super“, sagt der Innenverteidiger. „Das Wichtigste ist aber, dass ich zu Beginn der Vorbereitung auf die neue Saison wieder bei 100 Prozent bin.“
Gegen ein bestimmtes Szenario hätte der 24-Jährige mit Blick auf Freitagabend aber wohl nichts einzuwenden. „Wenn wir knapp führen sollten, müssen wir uns in der Schlussphase auf einen extremen Druck von Drochtersen einstellen. Dann wird es wichtig sein, das Ergebnis als Team irgendwie über die Zeit zu bringen.“ Dabei mithelfen könnte auch ein kopfball- und zweikampfstarker Innenverteidiger, der sein persönliches Drochtersen-Dilemma gerne möglichst schnell beenden möchte.