5:1 gegen Werder II - 3300 Kickers-Fans erleben Tor-Spektakel
Tobias Steffen traf per Freistoß und Volleyschuss, Tido Steffens per Fallrückzieher / Dritter Emder Sieg im vierten Spiel
Der größte Glücksmoment für Tobias Steffen an diesem Abend begann mit einem Foul. Mehr als 30 Meter vor dem Tor von Werder Bremen II wurde der Mittelfeldspieler von Kickers Emden unsanft gestoppt. Noch während die Gäste von der Weser mit der bestmöglichen Positionierung ihrer Zwei-Mann-Mauer beschäftigt waren, reifte in Steffen eine Idee. „Als ich gesehen habe, dass da nur zwei Leute stehen, habe ich gedacht: ,Jetzt hau’ ich einen raus‘“, verriet Steffen. „Auch die Jungs haben gesagt, dass ich es direkt versuchen soll.“ Seinem ersten Gedanken ließ Emdens Filigrantechniker einen Freistoß der Marke „Tor des Monats“ folgen: Steffen stellte Werder-Keeper Spyridon Angelidis eine schier unhaltbare Aufgabe. Der Ball flatterte auf dem Weg zum Tor - und schlug letztlich links oben im Werder-Gehäuse ein (20.). „Dass ich ihn so gut treffe, hätte ich selbst kaum erwartet.“
Sein Jubellauf führte den 32-Jährigen einmal quer über den Platz - direkt in die Arme des verletzten Torhüters Isaak Djokovic. „Er hat mir gestern beim Training noch gesagt, dass ich heute ein Tor mache“, so Steffen, dessen Traumtor Kickers in einer unterhaltsamen Anfangsphase mit 2:1 in Führung brachte. Am Ende durften sich 3300 Zuschauer im Ostfriesland-Stadion über ein wahres Tor-Spektakel freuen: Kickers schlug Werder II mit 5:1 und feierte den dritten Sieg im vierten Regionalliga-Spiel. „Dass so viele Zuschauer an einem Dienstagabend ins Stadion kommen, ist sensationell“, sagte Steffen. „Es macht unfassbar viel Spaß, vor so einer Kulisse und bei so einer Atmosphäre zu spielen. Unsere Fans pushen uns extrem.“
Tobias Steffen schnürte einen Doppelpack.
Das Aufsteigerduell entwickelte sich von Beginn an zu einer abwechslungsreichen Partie, in der die Emder die besseren Chancen besaßen. Ein Steffen-Schuss strich knapp am langen Eck vorbei (5.), Luis Podolski scheiterte aus spitzem Winkel an Angelidis im Bremer Tor (10.). Keine 60 Sekunden später durften die Kickers-Fans dann erstmals jubeln: Eine Ecke von Dennis Engel köpfte Fabian Herbst zum 1:0 ins Netz (11.).
Die Antwort der Werderaner ließ jedoch nicht lange auf sich warten: Nach einer Ecke blieb Bremen in Ballbesitz - Ricardo-Felipe Schwarz legte die Kugel im Strafraum quer, SVW-Kapitän Cimo Röcker schob aus sechs Metern zum Ausgleich ein (13.). „Da hat man gesehen, dass Werder viel Qualität besitzt“, sagte Kickers-Trainer Stefan Emmerling. „Uns ist es aber schnell gelungen, über den Kampf zurück ins Spiel zu finden.“
Und dank des „Zauberfußes“ von Tobias Steffen. Nach dem Freistoß-Kracher des 32-Jährigen blieben die Ostfriesen tonangebend - und hätten durch Pascal Steinwender nachlegen können: Schiller schickte ihn mit einem Pass in die Tiefe, doch Angelidis parierte Steinwenders Schuss (24.).
Fabian Herbst hatte die Emder per Kopfball in Führung gebracht. Foto: Jens Doden
Bei der nächsten Chance war der Keeper machtlos - und die Emder trafen erneut spektakulär: Bremens David Igboanugo konnte einen weiten Einwurf von David Schiller zwar zunächst klären, doch die Kugel landete bei Tido Steffens, der aus acht Metern zum Fallrückzieher ansetzte - und das Ostfriesland-Stadion zum dritten Mal an diesem Abend beben ließ (26.). „Wir haben heute in vielen Situationen sehr naiv verteidigt“, sagte Werder-Coach Christian Brand. „Das war phasenweise das Spiel einer Jugendmannschaft gegen eine Herrenmannschaft.“
Trotzdem hätte sein Team noch einmal zurückkommen können: Kurz nach Wiederanpfiff stand Werder-Torjäger Maik Lukowicz frei vor Marcel Bergmann, doch der Emder Torhüter verhinderte mit einem überragenden Reflex das zweite Gegentor (47.). „Eine Super-Parade“, fand auch Emmerling. Bergmann reagierte nicht nur stark, sondern war auch am 4:1 beteiligt: Seinen langen Ball verlängerte David Schiller in den Lauf von Pascal Steinwender. Dessen Hereingabe von der rechten Seite konnte Schiller im Zentrum nicht kontrollieren - wohl aber Tobias Steffen. Emdens Nummer 10 nahm den Ball volley und drosch ihn unter die Latte (56.).
„Den trifft auch nicht jeder so“, sagte Steffen und lächelte. Die Freude über seine ersten beiden Saisontore war dem 32-Jährigen anzumerken. „Tido, David und Calli hatten in der Liga oder im Pokal alle schon getroffen“, sagte er. Aus dem Emder Offensiv-Quartett fehlte nur noch Steffen ein Pflichtspieltor - bis Dienstag. „Nachdem es endlich geklappt hat, ist mir schon eine kleine Last vom Herzen gefallen.“
Mika Eickhoff erzielte den Endstand gegen seinen Ex-Verein.
Den Schlusspunkt des Emder Tor-Spektakels erlebte der Mann des Abends von der Ersatzbank aus mit: Der für Steffen eingewechselte Michael Igwe bediente Kai Kaissis, der die Kugel direkt in den Strafraum beförderte. Dort lauerte schon der zweite Kickers-Joker: Mika Eickhoff. Der 21-Jährige schloss direkt ab und traf gegen seinen Ex-Verein zum 5:1 (69.).
„Uns ist ein sehr guter Auftakt gelungen“, sagte Tobias Steffen nach dem dritten Sieg im vierten Spiel. „Wir haben uns auch fußballerisch noch einmal weiterentwickelt. Aber wir dürfen nicht nachlassen, denn jetzt erwartet uns ein sehr schweres Spiel in Todesfelde.“
An die nächste Partie am kommenden Sonntag (14 Uhr) wollten die Kickers-Fans im Ostfriesland-Stadion am Dienstagabend noch nicht denken. Sie stimmten kurz vor dem Abpfiff einen Gesang an, der die aktuelle Gemütslage rund um Kickers Emden derzeit perfekt widerspiegelt: „Oh, wie ist das schön!“
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