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Foto: Jens Doden

NFV-Pokal
Donnerstag, 08.08.2024 11:00 Uhr | Ingo Poppen

Onken hält drei Elfmeter: Kickers gewinnt Pokaldrama in Oldenburg mit 6:3

Emder führten in Unterzahl schon mit 2:0 / Herbst gleicht Rückstand in der Verlängerung zum 3:3 aus

Eine turbulente Woche liegt hinter Moritz Onken. Erst am vergangenen Mittwoch - einen Tag vor seinem 21. Geburtstag - war klar, dass der Torhüter auch in der Regionalliga-Saison zum Kader von Kickers Emden gehören wird. Für das Heimderby gegen den SV Meppen am Freitag war Onken keine Option, weil die erforderliche Spielberechtigung noch nicht vorlag. Das tut sie seit diesem Montag - und zwei Tage später stand der Keeper direkt zwischen den Pfosten. Onken durfte im Niedersachsenpokal-Viertelfinale beim VfB Oldenburg von Beginn an ran - und avancierte im Elfmeterschießen gegen seinen Ex-Verein zum Emder Derbyhelden. Drei Oldenburger liefen an, dreimal hieß der Sieger Moritz Onken. Auch dank dieser Galavorstellung gewann Kickers beim VfB mit 6:3 und zog ins Halbfinale ein.

Die Emder jubeln vor dem Gästeblock. Foto: Jens Doden

„Ich könnte gerade nicht glücklicher sein“, sagte Onken und strahlte. „Ich habe die gesamte Vorbereitung bei Kickers mitgemacht, weil ich unbedingt bleiben wollte. Dass ich das Vertrauen von den Verantwortlichen und dem Trainerteam bekommen habe, ist einfach überragend.“ Der 21-Jährige erlebte in seinem ersten Pflichtspiel der Saison ein Fußballdrama in drei Akten. Vor 3866 Zuschauern im Marschwegstadion führte Kickers durch einen Treffer des Ex-Oldenburgers Pascal Steinwender zur Pause mit 1:0. „Calli“ musste nach einem weiten Einwurf von David Schiller und einer verunglückten VfB-Abwehraktion nur noch einschieben (28.).

Die erste Halbzeit war zwar unterhaltsam, doch nach dem Seitenwechsel wurde das Derby dann richtig spektakulär - und dramatisch. Julian Stöhr musste den Platz nach einer Gelb-Roten Karte vorzeitig verlassen (66.). Kurz darauf vergab VfB-Abwehrmann Anouar Adam per Schuss aus der Drehung den möglichen Ausgleich. Statt 1:1 hieß es nach 75 Minuten 2:0 für Kickers. VfB-Keeper Liam Tiernan konnte den eingewechselten Michael Igwe im Strafraum nur noch mit einem Foul stoppen - den fälligen Elfmeter verwandelte Tido Steffens gewohnt souverän.

„Wir haben auch mit zehn Mann ein ganz gutes Auswärtsspiel gezeigt“, sagte Steffens. Als der Torjäger in der 84. Minute ausgewechselt wurde, stand es noch 2:0. 60 Sekunden später gelang Vjekoslav Taritaš der Anschlusstreffer (85.), mit dem Ende der regulären Spielzeit traf Julian Meier sogar noch zum Oldenburger Ausgleich (90.). „Das war extrem bitter, da waren wir sehr geknickt“, erklärte Steffens, der das Drama von der Ersatzbank aus mitverfolgen musste. 

Die Emder freuen sich über die Führung durch Pascal Steinwender. Foto: Jens Doden

Für Kickers sollte es in der Verlängerung noch schlimmer kommen. Zunächst verhinderte Onken nach einem Schuss von Meier zwar den Rückstand (96.), gegen den Abschluss von Markus Ziereis war er aber machtlos (98.). „In dem Moment habe ich gedacht, ‚das war’s‘. Da waren wir eigentlich gebrochen“, sagte Steffens. „Wie sich die Jungs danach aber zurückgekämpft haben, war einfach der Wahnsinn.“

Von Resignation war bei den Emdern nichts zu spüren - im Gegenteil. Nach einer Flanke von Luis Podolski beförderte der Ex-Oldenburger Fabian Herbst die Kugel mit einer artistischen Einlage zum 3:3 unter die Latte (108.). Nach den anschließenden Jubelszenen vor der Emder Ersatzbank sah der bereits ausgewechselte Kai Kaissis die Gelb-Rote Karte. Schiedsrichter Kevin Behrens hatte den Jubel des Mittelfeldspielers als Unsportlichkeit bewertet.

„Das ganze Spiel war eine Achterbahnfahrt der Gefühle“, beschrieb Moritz Onken. „Ich bin wirklich stolz, Teil dieser Mannschaft zu sein - jede Einzelne hat sich für das Team aufgeopfert.“ Das galt auch für den Torhüter selbst - denn nachdem seine Vorderleute das 3:3 bis zum Abpfiff verteidigt hatten, war es Zeit für „Elferkiller“ Onken.

Nach 120 Minuten stand es 3:3. Foto: Jens Doden

Der Ex-Oldenburger Dennis Engel eröffnete das Elfmeterschießen und brachte die Ostfriesen souverän in Führung. Anschließend folgte Onkens erster Streich, als er den Versuch von Marc Schröder parierte. Nachdem Emdens Tim Dietrich an VfB-Torhüter Tiernan gescheitert war, trat Meier für Oldenburg an - und scheiterte an Onken. Der eingewechselte Mika Eickhoff verwandelte sicher und erhöhte so den Druck auf Markus Ziereis. Doch auch der erfahrene Stürmer konnte den Emder Elfmeter-Helden nicht überwinden.

Bei seinen Paraden vertraute er übrigens ganz auf sein Bauchgefühl. „Ich habe mir die Schützen angeschaut und mich dann für eine Ecke entschieden“, sagte Onken. Und da er in allen drei Fällen den richtigen Riecher bewiesen hatte, konnte Marvin Eilerts als vierter Kickers-Schütze für die endgültige Entscheidung sorgen: Der Abwehrmann verlud Torhüter Tiernan und setzte anschließend zum Sprint in Richtung Kickers-Fanblock an.

Mit dabei war - natürlich - auch Moritz Onken. Wenig später saß der 21-Jährige - mit Megafon ausgestattet - auf dem Zaun des Gästeblocks und stimmte die Siegerhumba mit Fans und Teamkollegen an. „Der VfB ist mein Heimatverein, hier bin ich groß geworden“, sagte Onken. „Das ist ein sehr emotionaler, einfach ein traumhafter Abend für mich.“

Moritz Onken parierte alle drei VfB-Elfmeter. Foto: Jens Doden

Komplimente gab es auch vom Kapitän. „Wir hatten auf der Bank schon vor dem Elfmeterschießen das Gefühl, dass das heute sein Abend werden könnte“, sagte Tido Steffens. „Es freut mich ungemein für Mo, dass er sich mit so einem Spiel bei seinem Ex-Verein belohnt hat.“

Während die Kickers-Spieler ihre Party in die Kabine verlegten, fasste Kickers-Trainer Stefan Emmerling die Partie bei der Pressekonferenz passend zusammen: „Das war ein packender Pokalfight“, sagte Emmerling. „Beide Teams haben sich zu keinem Zeitpunkt aufgegeben, deshalb hat sich so ein fantastisches Spiel entwickelt.“

Für seine Mannschaft ist der Traum vom DFB-Pokal einen Schritt nähergekommen. Zwei Siege benötigen die Emder dafür noch. Wer der Gegner im Halbfinale sein wird, ist dem Mann des Abends „relativ egal“, wie der „Elferkiller“ Moritz Onken erklärte: „Wir müssen jedes Team schlagen, wenn wir den Pokal gewinnen wollen - und ich glaube, mit dieser Mannschaft ist alles möglich.“

VfB Oldenburg

1. Mannschaft

3:6 (3:2)

Kickers Emden

1. Mannschaft

121'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
120'
Tor
Tor
120'
Tor
Tor
120'
Tor
Tor
112'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
109'
Gelb-rote Karte
Gelb-rote Karte
108'
Tor
Tor
106'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
98'
Tor
Tor
90'
Tor
Tor
88'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
85'
Tor
Tor
76'
Tor
Tor
66'
Gelb-rote Karte
Gelb-rote Karte
64'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
35'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
28'
Tor
Tor
12'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
9'
Gelbe Karte
Gelbe Karte
Aufstellung
: Tiernan, Deichmann, Adam, Buchtmann, Taritaš, Brand, Schäfer, Tomety-Hemazro, Möschl, Ziereis, Pepshi
BSV: Onken, Dietrich, Stöhr, Herbst, Kaissis, Steinwender, Schiller, Steffen, Siderkiewicz, Steffens, Engel